SERA-Ducati 900

Sportliche Motorräder waren angesagt in den 1980er Jahren. Leistungsstarke Vierzylindermaschinen, meist aus Japan, prägten das Straßenbild. Die hatten fast durchweg den Nachteil, dass ihre Fahrwerke bei sportlicher Gangart schnell überfordert waren. Abhilfe war also von Nöten.

Für die meisten Biker war mit dem Austausch von Serienfederbeinen und Schwinge das Verbesserungspotential mangels Finanzen bereits erschöpft. Wer mehr wollte und das nötige Kleingeld besaß, konnte über die Anschaffung eines Komplettumbaues aus Edelschmieden wie Egli, Bimota, Nico Bakker, Martin oder Rau nachdenken, deren Zentral- oder Gitterrohrfahrwerke der Leistung der großvolumigen japanischen Triebwerke gewachsen waren. Nebenbei sahen sie natürlich toll aus und brachten dem Besitzer schon bei der Vorfahrt an der Eisdiele einen ordentlichen Imagegewinn.

Letzteren hatte man mit dem Erwerb einer sportlichen Ducati eigentlich schon inklusive. Da sie jedoch schon als Serienmaschine sportlich ausgelegt und deutlich teurer war, als eine Japanerin, waren Nachfrage und Angebot für eine umgebaute 900SS auch übersichtlich. Aber so eine standardmäßige Duc mit ihrem langen Radstand passte nicht für jeden Fahrstil und war auf Strecken mit vielen engen Kurven nicht die agilste.

Das kann man doch ändern, mag sich der aus Österreich stammende Tüftler und Rennfahrer Sepp Rainer im würtembergischen Albstatt-Pfeffingen gedacht haben. Seine Kompetenz in Sachen Fahrwerkskonstruktion hatte er bereits anhand von Kawasaki und Suzuki Umbauten bewiesen.
So stellte er also die hier gezeigte Spezialität auf die Beine: Eine Ducati 900 SS mit Gitterrohrrahmen (WIG verschweißte 25CrMo4 Rohre), koaxialer Vierkantrohrschwinge, Marzocchi-Gabel, Brembo-Bremszangen der Serie Oro, Koni-Federbeinen und last but not least den damals hochaktuellen PVM-Rädern. Eine eigens angefertigte 2in1-Auspuffanlage mit Vorschalldämmpfer gehörte ebenfalls zum Kit.
Die sah nicht nur gut aus, sondern war natürlich auf den Desmo-2-Zylindermotor abgestimmt, sorgte sogar für bessere Leistungsentfaltung im unteren Drehzahlbereich und war für damalige Verhältnisse zukunftsweisend angenehm zurückhaltend bzgl. Geräuschentwicklung. Fertig war das Traummotorrad!
Die Motorradzeitschrift PS fuhr die Sera-Ducati für ihre Oktoberausgabe 1986 und bescheinigte der Maschine gegenüber der Serien-900SS bessere Handlichkeit auf kurvenreichen Strecken, allerdings verlange sie, bedingt durch die veränderte Geometrie, breitere Reifen und einen schmalen Lenker, mehr Körpereinsatz des Fahrers. Zitat des Redakteurs: „Wer die Turnerei erst einmal raus hat, kann die Maschine aber trotzdem zügig von einer Schräglage in die andere werfen. Kurvenreiche Strecken werden so zu einem zwar etwas anstrengenden, aber umso intensiveren Vergnügen.“ Mit einem über Stabilitätsprobleme erhabenen Rahmen und ihrer beinahe rennmäßigen Bodenfreiheit wird ihr von der PS ein vorbildliches Fahrverhalten in schnellen Kurven attestiert. Ziel erreicht, kann man also resümieren.

Wer 1985 so eine SERA-Ducati 900 bei Sepp Rainer erwerben wollte, musste 24.000 DM hinblättern. Eine stolze Summe, wenn man bedenkt, das eine serienmäßige 900SS damals schon ca. 12000 DM kostete, was bereits eine Stange Geld war. So erklärt es sich, dass von der SERA-Ducati nur zwischen 4 und 6 Stück (die Angaben gehen da je nach Quelle leicht auseinander) gebaut wurden, welche nicht einmal alle Straßenverkehrszulassung hatten.

Eine dieser ultra-raren Maschinen mit ihrem zeitlos schönen Design stand nun kürzlich vor der Kamera von Motoclix, „frisch gebadet und gekämmt“ sozusagen, d.h. inspiziert bei einer namhaften Ducati-Werkstatt und bereit für die Zulassung.

 

Aus Zeitmangel möchte der derzeitige Besitzer diesen exklusiven Renner nun veräußern. Samt etlicher Ersatzteile, u.a. eines weiteren Motors und eines unlackierten Alu-Tanks, sowie -und das dürfte in Kennerkreisen eine Sensation darstellen- der für den Bau aller SERA-Ducati Exemplare verwendeten Rahmenlehre!

Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900
Sera-Ducati Desmo 900

Motor:
Luftgekühlter Ducati Viertakt-V-Zweizylinder mit über Königswellen getriebenen, obenliegenden Nockenwellen.

Bohrung/Hub 88mm/74,4mm

Leistung ca. 59KW (80 PS) bei 7400 U/min

Dellorto-Rundschieber-Zentralschimmervergaser.

Fahrwerk:
Gitterrohrrahmen aus 25CrMo4-Stahlrohren,
Marzocchi-Telegabel mit 42mm Standrohrdurchmesser

Bremsanlage Brembo

Schwinge mit zwei Federbeinen, Schwingenlagerung koaxial.

Radstand 1450mm, Nachlauf 112mm,
Lenkkopfwinkel 63°

Dreispeichen-Leichtmetallgussräder der Marke PVM, vorn 2,5″ x 18″, hinten 3,5″ x 18″,

Reifen vorn 110/90 V 18, hinten 150/70 V 18

Sitzhöhe ca. 780mm,

Leergewicht vollgetankt ca. 205kg

Höchstgeschwindigkeit
ca. 215 km/h

Hersteller:
Josef Rainer (verstorben im Jahr 2005),
72461 Albstadt-Pfeffingen

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